Geistliche Impulse
Die Herrnhuter Tageslosung
Bad Homburg, 18.01.2021 14:04 Uhr

"Von guten Mächten wunderbar geborgen"

Andacht von Pfrin. Claudia Biester, stellvertr. Dekanin

"Von guten Mächten wunderbar geborgen
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen,
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“

Kennen Sie das Gedicht „Von guten Mächten“, aus dem diese Strophe stammt? Der Pfarrer und evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer hat es geschrieben. Besonders als Kirchenlied hat es im gottesdienstlichen Leben einen festen Platz. Bei Trauerfeiern, Taufen und zum Jahreswechsel wird es oft gesungen. Im neuen Gotteslob für das Bistum Limburg ist es gleich mit zwei Melodien aufgenommen, ebenso im Evangelischen Gesangbuch und dem EGplus. Es gehört zu den beliebtesten Kirchenliedern unserer Zeit. Aber auch als Gedicht ist es bekannt. Mitunter gilt es als „das geistliche Gedicht des 20. Jahrhunderts“ (Jürgen Henkys); auf unzähligen Postkarten und Kalenderblättern ist es abgedruckt. Zurückhaltend erzählt es vom Vertrauen auf Gott und kommt dabei ohne Sentimentalität aus. Es lässt Raum für das persönlich Erlebte und weist über eine individuelle Deutung hinaus. Man muss gar nichts von der Geschichte dieses Liedes wissen, um es zu mögen und sich in seinem Trost zu bergen.

Ursprünglich war „Von guten Mächten“ allerdings kein Lied, sondern ein Gedicht. Geschrieben hat es Dietrich Bonhoeffer in der Adventszeit 1944, als er im Gefängnis des Reichssicherheitshauptamtes in der Berliner Prinz-Albrecht-Straße inhaftiert war. Mit einem Weihnachtsbrief hat er es am 19. Dezember 1944 an seine Verlobte Maria von Wedemeyer geschickt: „Hier noch ein paar Verse, die mir in den letzten Abenden einfielen. Sie sind der Weihnachtsgruß für Dich und die Eltern und Geschwister.“ Es ist das letzte Gedicht Bonhoeffers und einer seiner letzten Briefe. Aus Berlin wurde Bonhoeffer nach Buchenwald und schließlich nach Flossenbürg gebracht; am 9. April 1945 wurde dann das tags zuvor gesprochene Todesurteil vollstreckt. Neununddreißig Jahre war er alt. Gemeinsam mit ihm mussten fünf andere Männer sterben, die wie Bonhoeffer zum Widerstand gehörten und in Verbindung zum Attentat vom 20. Juli 1944 gegen Hitler standen.

Dietrich Bonhoeffers Gedichte, Bücher und Briefe haben ein Nachleben. Für viele Menschen in Theologie, Kirche und anderen gesellschaftlichen Kontexten sind sie ein wichtiger Bezugspunkt. 1951 wurden seine Briefe aus der Haft unter dem Titel „Widerstand und Ergebung“ veröffentlicht (die Zitate hier stammen aus der Werkausgabe von 1998, Bd. 8.). Zwar ist Bonhoeffers Wirkungsgeschichte riesengroß, aber auch bei einem nur kurzen Blick auf „Von guten Mächten“ beeindruckt die Verbindung von Lebensgeschichte und Werk.

„Von guten Mächten treu und still umgeben behütet und getröstet wunderbar, so will ich diese Tage mit euch leben und mit euch gehen in ein neues Jahr.“ – so heißt die erste Strophe des Gedichts. Auf Gott zu vertrauen und „hier“ leben, das klingt durch alle sieben Strophen hindurch. „Von guten Mächten“ weist vertrauensvoll über die Zeit und über die Bedingungen der eigenen Existenz hinaus aber es nimmt diesen Rahmen ernst. Vielleicht ist das ein Grund, warum viele Menschen dieses Gedicht auch in unserer Gegenwart so sehr mögen und als tröstlich empfinden.

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Claudia Biester,
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