Einmal, erzählt Johannes im zweiten Kapitel seines Evangeliums, war Jesus mit seiner Mutter bei einem Hochzeitsfest. Als der Wein ausging, sagte Maria zu ihm: "Sie haben keinen Wein mehr." Jesus antwortet: "Was willst du von mir, Frau? Meine Stunde ist noch nicht gekommen." – Und dann hilft er doch: Jesus verwandelt Wasser in Wein und der ist über die Maßen gut.
Die große Menge Wein hat so manchem Frommen Kopfzerbrechen bereitet. Schnell wurde noch ein Wunder dazu erfunden: Von dem Wein, den Jesus da gemacht hat, wurde nämlich niemand betrunken, behauptet man mitunter.
Viel interessanter allerdings ist anderes. Zum Beispiel der Bericht eines Pilgers. Er hat am Ende des 6. Jahrhunderts gelebt. Er notiert: „Drei Meilen weiter erreichten wir Kana, wo der Herr auf der Hochzeit war und legten uns auf der Bank zu Tisch. Dort habe ich Unwürdiger die Namen meiner Eltern hingeschrieben.“ (nach Christoph Markschies: Das antike Christentum). Kana ist also ein richtiger Ort, zu dem man pilgern kann. Das Christentum hat wesentlich mit Orten zu tun, an Orten wird es konkret. Wie wichtig Orte sind haben wir in den Kirchengemeinden gespürt im zurückliegenden Jahr. Die Pandemie hat vielfach das gemeinsame Feiern in unseren Kirchen in Frage gestellt. Kirchengemeinden haben dann angefangen, neue Orte (auch virtuelle) für Gottesdienste zu finden. Das ist eine interessante Entwicklung.
Darüber weist „Die Hochzeit zu Kana“ auf Ostern: „Am dritten Tag fand in Kana in Galiläa eine Hochzeit statt und die Mutter Jesu war dabei.“ – „Am dritten Tage auferstanden von den Toten“ – so bekennt die Christenheit ihren Glauben. Und auch der ziemlich schroffe Satz Jesu, den er an seine Mutter richtet, deutet auf das Kreuz: „Meine Stunde ist noch nicht gekommen." Das Wunder der Geschichte aber gipfelt in dem Staunen über den großartigen Wein. Was meinen Sie, was auf dem Fest in Kana los war als sich rausstellte, dass der Vorrat schier unerschöpflich ist? Eine Geschichte von Freude über den Überfluss. Ein Fest mit Leuten, deren Weinkeller, deren Hoffnungsvorrat nicht übervoll ist. Vielleicht also ist die Geschichte auch für den einen oder die andere von uns eine Hoffnungsgeschichte in dieser vorösterlichen Zeit.
Ihre
Claudia Biester