Bad Homburg, 11.09.2018 14:29 Uhr

Hoffnungsworte - Ernst Blochs Grabinschrift

Andacht von Pfarrer Christoph Wildfang (Arnoldshain)

„Denken heißt überschreiten. Das Prinzip Hoffnung.“ Diese Worte stehen auf dem Grabstein des Tübinger Philosophen Ernst Bloch. Marxistisch, streitbar, hellwach. Er war kritisch dem realen Christentum gegenüber, er fand es in Strukturen zu hierarchisch und zu wenig befreiend. Für die 68er ein Leuchtturm. Bloch hat viele Menschen beeinflusst. Ich habe in Tübingen studiert und manchmal war ich an seinem Grab. Ein großer unbehauener Naturstein mit einem Loch oben. Da kann man durchgucken. Und dann diese paar Worte „Denken heißt überschreiten. Das Prinzip Hoffnung“. Eingraviert in den grauen Stein. Diese Worte ziehen mich an. Meine Gedanken sind frei. Ich kann Grenzen überschreiten. Alles ist möglich. Nichts ist von vornherein utopisch. Keine Gedankenverbote. Nicht alles muss sein wie früher. Es kann anders werden, besser. Schön. Menschengerecht. Friedlich. Dabei gilt das Prinzip Hoffnung. So lautet der Titel von Blochs Hauptwerk. Ohne an jedem seiner Worte zu kleben, möchte ich mir das zu eigen machen. Ich will hoffen gegen den Trend. Hoffen gegen: Das war immer schon so. Hoffen gegen: Der taugt nichts. Ich möchte niemanden abhaken oder in irgendeine gedankliche Schublade einordnen. Ich möchte neue Chancen eröffnen. Das Prinzip Hoffnung kann mein ganzes Leben umfassen. Meinen Blick auf den anderen Menschen. Ich will offen bleiben. Gutes erwarten und erhoffen. Ich finde, da bin ich nahe bei Jesus. Der hat auch keinen aufgegeben. Selbst mit dem, der ihn verrät, hat er Brot und Wein geteilt. „Seid fröhlich in Hoffnung“ (1) steht in der Bibel. Gott traut mir Neues zu. Eröffnet mir auch Wege, Chancen. Wie kann ich die dann anderen verweigern? Das Prinzip Hoffnung. Das möchte ich gerne versuchen.